KRITIKEN AUSZÜGE


„Nach Fassbinder hat man das proletarische Deutschland nie mehr so klar umrissen dargestellt gesehen. Es gibt kaum deutsche Filme, die so deutlich einen Ausschnitt des Landes, dessen Identitätsverlust im ungeordneten Zusammentreffen verschiedener Kulturen zwischen türkischen Gastarbeitern, amerikanischen Soldaten, japanischen Restaurants und Selbstzerstörung wiedergeben. Während Fassbinder aus diesen Voraussetzungen Personen und Geschehnisse einer anderen Kultur konstruierte, beschränkt sich Schrader auf das alleinige Erfassen und die Chronik.”
- Alberto Farassino, La Republica

„SIERRA LEONE ist ein rauher und schmerzlicher Film. Uwe Schrader war daran gelegen, realistische Vorbilder darzustellen, fast so wie die Neue Sachlichkeit. Er griff sogar auf Handfilmkameras zurück, um die Schauspieler auf realistischen Hintergründen agieren zu lassen. Auch die Darsteller scheinen über die Fiktion hinauszugehen. Wenn Christian Redl der Ruhelosigkeit der Hauptperson das rechte Maß beimisst, so gelingt es Ann Gisel Glass, sich noch auf eine höhere Stufe zu stellen. Eine Geste, ein flüchtiger Ausdruck genügen, um die bedrückten Seelenzustände von Alma und ihren letzten blassen Illusionen zu verkörpern.”
- Leonardo Autera, Corriere Della Sera

„Interessant ist vor allem die Technik des Regisseurs. Er arbeitet mit einer kleinen Gruppe mit einer Handfilmkamera und verwendet echte Orte und Leute als Landschaft und Hintergrund für seine Interpreten. Er entdeckt so das Leben und baut es in den Film ein. Interessant sind auch die Schauspieler, die Depression und Frustration der Nichtbürgerlichen, die Langeweile derjenigen, die aufs Ausruhen trainiert sind, die Frustrationseinkäufe, die Liebe ohne Worte, den Verlust der gesellschaftlichen und nationalen Identität, die blinde Flucht ausgezeichnet darstellen.”
- Lietta Tornabuoni, La Stampa

„Als einer der wenigen Filme aus dem Arbeitermilieu verbrämt Sierra Leone nichts, er hat auch keinen soziologischen Ehrgeiz, sondern das, was sich vor der Kamera abspielt, reicht aus, um auf der Leinwand Emotionen auszulösen. Es ist ein konkreter Film. Er erzählt die Geschichte von einem existenziellen Unbehagen, steht jedoch mit beiden Füßen auf der Erde. Christian Redl, der im Theater Goethe, Shakespeare, Brecht und Beckett (und Kowalski in "Endstation Sehnsucht") gespielt hat, ist ein kraftvoller, echter Fred, den man sich merken sollte.”
- II Giorno

„Was vor allem frappiert beim ersten Sehen des Films, ist die distanzierte Art und Weise, mit der Schrader sein Anliegen bringt, die scheinbare Freiheit, die er den Figuren gibt, welche ihre Bewegungen und Reaktionen, aber auch ihre Gelüste und ihre Ungeschicklichkeiten ihrer Umgebung gegenüber bestimmen. Daraus resultiert eine erstaunlich fließende Schrift, unterstützt durch die Verwendung von Originaldrehorten, durch die Darstellung - die gewollt einen alltäglichen Charakter hat - wo Profischauspieler und Laien ohne falsche Töne miteinander umgehen und in die Wirklichkeit hineintauchen. Und dies ist nur eins der vielen gelungenen Elemente eines Werks, das vielleicht eines Tages sich der Erinnerung aufzwingen könnte, als packender Zeuge der Achtziger Jahre, der Welt in der wir leben.”
- Francois Maurin, Semaine de la Critiqué Cannes

„Von Sierra Leone, einem deutschen Film von Uwe Schrader, bleibt die Kraft des ′cinema vérité′ in Erinnerung, mehr als die eher kleine Story. Mit Fred, der nach Deutschland zurückkehrt, entdeckt man dieses Land aus distanzierter Sicht: ein Deutschland in der Krise, Ausweglosigkeit. Durch die Personen und deren Handlung gelingt ein genauer Blick auf die Welt von heute.”
- Frédéric Sabouraud, Cahiers du Cinema

„Sierra Leone sieht nicht aus wie viele andere deutsche Filme. Und die Bundesrepublik sieht in Sierra Leone nicht aus wie in vielen anderen deutschen Filmen.”
- Bodo Fründt, Süddeutsche Zeitung

„Ein Parforce-Ritt durch ein ebenso reales wie imaginäres Deutschland. Bilder und Töne wie diese aus der Welt des Subproletariats, der Fremden und der Gastarbeiter hat man wohl kaum in einem deutschen Film der letzten Jahre gesehen... Uwe Schrader schafft es in seinem zweiten Film, SIERRA LEONE, erstaunliche Ansichten der Bundesrepublik aus einer Vielzahl von Stadtrand-Landschaften zu einer Summe des Imaginären zusammenzumontieren. Sein Road-Movie eines Heimatlosen führt in ein ebenso phantasie-reales wie traumsicher vor Augen gestelltes Bundesdeutschland, das sich an den Abbruchstellen bürgerlicher Wohn- und Lebenskultur erstreckt, dort wo der frühe Kluge sein ABSCHIED VON GESTERN suchte oder wo sich eine Zeitlang der glücklose, aber wohl unterschätzte Roland Klick mit seiner Kamera und seinem Erzählen aufhielt - nämlich im harschen, vertrödelten Niemandsland von Fernfahrerkneipen, Stunden-Hotels, Selbstbedienungs-Läden, Currybuden, Pissoirs, Schrottplätzen und Autofriedhöfen. Schraders SIERRA LEONE ist nicht der afrikanische Staat, aus dem sein einsamer Held zurückkehrt, sondern ein West-Germany made in USA.”
- Wolfram Schütte, Frankfurter Rundschau

„Dieser Film gibt keinen Blick in ein Zuhause, wo man freiwillig bleiben möchte. Er zeigt Hotelzimmer mit speckigen bunten Tapeten und Tütenlämpchen über dem Nachttisch; Kneipen mit Spielautomaten und einem schmierigen Resopal- Tresen, über den Pommes, Currywurst und Bier gehen; eine Türkenhochzeit, bei der die Geldscheine flattern; käsige Gesichter unter Neonröhren; Landstraßen, Tankstellen, graue Absteigen, Industrieschlote im Hintergrund.....Uwe Schrader dramatisiert nicht und fuchtelt nicht mit dem Zeigefinger herum. Er vertraut seiner Zuneigung, seinem Nähegefühl, seinem ganz eigenen Instinkt für Ort und Augenblick. Das ist alles, das hat nichts Exotisches, nichts Spektakuläres, nur den seltenen Schimmer der Wahrheit. Deshalb als Warnung, denn wer sieht das schon gern: In diesem Film ist die Bundesrepublik Deutschland zu erkennen.”
- Urs Jenny, Der Spiegel

„SIERRA LEONE ist modernes Kino im Wortsinne, Kino des Vergänglichen, Alltäglichen, Vorüberfliessenden, antimythisches Kino, einfach, hart und genau. Niemand sammelt hier Vorbilder, Gesten, edle Sätze, niemand posiert. Und alles bewegt sich.”
- Andreas Kilb, Die Zeit

„Ein Werk solcher Wucht hat der (noch) an sozialer Wirklichkeit interessierte Neue Deutsche Film schon länger nicht mehr vorzuweisen. Und selbst KATZELMACHER oder JAGDSZENEN AUS NIEDERBAYERN verraten im Vergleich schnell ihren lehrstückhaften, das Sicht- und Fühlbare auch noch kommentierenden Charakter. Vielleicht bin ich ja zu voreingenommen für diesen frischen, genauen, unsentimentallakonischen Film, der ohne dramaturgisches Flattern ganz selbstbewußt auf seine Kraft vertraut. SIERRA LEONE beginnt mit einer Einstellung auf den Hinterkopf des Hauptdarstellers Fred (Christian Redls zum Niederknieen gutes Filmdebüt), und in seinen Kopf ist so ganz genau auch bis zum Schluß nicht zu sehen, obwohl Fred uns seine Seele nicht vorenthält.”
- Alf Meyer, epd Film

„Ein Foto, mehr nicht, die dazugehörige Geschichte kann man sich denken, sie erzählt sich fast wie von selbst, wird heraufbeschworen von den wenigen Details, vielleicht nur von einem Blick, einer Handbewegung. Damit ist schon viel über Uwe Schraders unauffällige Erzählkunst gesagt. Aus wenig wird viel, weil dieses Kino aus seinem größten und wichtigsten Reservoir schöpft, den realitätsversessenen Bildern, die ungeschwätzig und selbstredend daherkommen, die vieles bedeuten, was sich nur ahnen lässt.”
- Marli Feldfoß, Frankfurter Allgemeine Zeitung

Sierra Leone pdf
 Auszüge Kritiken zu „SIERRA LEONE”

Sierra Leone - Kritik Die Zeit

Sierra Leone - Zeitung - FrankfurterFrankfurter Rundschau

Sierra Leone - Zeitung - Frankfurter Allgemeine Zeitung

Sierra Leone - Kritik Süddeutsche Zeitung